Samstag, 14. September 2019

1996 Kompetent und potent in Zürich


Hannah-Arendt-Tage Zürich 1996 Begleiterscheinung

Kompetent und potent

Ein Held des Systems hält einen Vortrag (Hannah Ahrend - Tage). Eingepasst, leuchtend. Highlight an der Musicbox. Jeder Kupferdraht hat Widerstand. Dieser leuchtet ohne. Wie oft man doch zuhören muss, wenn einer nichts sagt.

Ein paar Tage später bin ich beim Gepäckverstauen. Meine Gedanken von Plänen zugestapelt. Ein Eichhörnchen springt über die Straße. Gejagt ist es doch frei. Im zen- Lexikon lese ich, dass die ideale Lebensweise einem Vogel am Himmel zu vergleichen ist, der keine Spur hinterlässt. Mir gefällt das Eichhörnchen besser. Was interessieren Spuren? Es ist bei sich.

Zwei unangenehme erlebnisgeile Ossies am Nebentisch. Neonazi- Glatze, auch das ist eine Uniform. Fett eine ein weitläufiger Pionierführer mit kompakten Besserwissen über die Minderwertigkeit von Menschen und Völkern, fett andere ein auf ihn hineinfallender Asoz mit dem Traum von reichen Sexomaninnen, den Hass auf Fremde und dem Ekel vor Sensibilität und Berührung. Ausgerechnet ein Langhaariger aus meiner Zeit, großmäulig, West-coast setzt sich zu ihnen. Der Führer vergisst sofort seinen Kumpel, hält ihn mit Augenzwinkern bei der Stange und schaltet ansonsten sofort auf englische Konversation. Mir fällt clockwork orange ein.

Es gibt hier in Zürich die rote Fabrik, ein akademisches Anarcho- Projekt, schrill mit Sehnsucht nach Proletariat. Vielleicht macht der junge Althippie dort Musik, wenn er nicht in der Fußgängerzone von einem Himalaya- Tempel mit Florida- Klima und Wohngemeinschaft träumt. Die beiden Glücksjäger brauchen zur Kühlung ihrer Verletzungen etwas anderes an Rausch.

Jugendherberge. Individualität ist möglich. Beobachter aus Asien und Lateinamerika ziehen an ihnen vorbei. Sie suchen Europa und finden ein gut sortierten, weil Schweizer, Kaufhaus. Auch sie selbst sind Teil des Geschäfts. Ohne Kundschaft lohnt das ganze Elend nicht. Wie der Kommunikation ist es auch der Heimat ergangen. Nirgendwo auf der Welt zu finden. Die Palme in der malayischen Bucht hat keine von einem Menschentraum geborene Seele mehr. Sie macht Show im Katalog. Die Berge sind in tausend Kameras besser präsent als im von Videoten zugeparkten Blick. Wie harmlos dagegen die Ständer mit Ansichtskarten von Brüsten und Kirchen. Edelweiß und Grimassenschneiderin nicht zu vergessen, die seit Erfindung des Fotos gegen das Schweigen in der Natur angetreten sind. Jodler oder Lacher, wo ist der Unterschied? Mit einem Furz gegen den Verkehr anstinken.
1. Ein japanischer Skate-Roller,Rap-Mütze auf der Glatze, messerscharfen Krummnase und windschnittiger Ziegenbart flitzt in die City. Schickt die Zigarette zwischen den Fingern wie ein nervöser RocknRoller. Ein hochgespannter Nerv. Findest Du hier an der Goldküste so etwas wie einen überlebenden ⁰Eingeborenenstamm, einem fremden Krieger Gastrecht zu gewähren? Die Zeit ist schneller als der schnellste Roller. Ein Paar müde Alte, Kameras, Kassen. Mehr wirst Du nicht finden. Die Realität ist ein drittklassigen Film. Um sie zu befreien, müssen wir in uns zurückkehren.
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